Im Jahr 1566 wurde in der Universitätsstadt Jena ein Hofgericht für die Sächsischen Herzogtümer der Ernestine Linie aus dem Hause Wettin gegründet - auch ein Zeichen des wieder erstarkenden Selbstbewusstseins nach dem verlorenen Kampf gegen den Kaiser des Heiligen Römischen Reiches.
Bis zum Jahr 1547 war das Oberhofgericht mit Sitz in Altenburg Berufungsinstanz für alle Klageverfahren in den unter der Herrschaft der Sächsischen Herzöge stehenden Gebieten und erste Instanz für alle Verfahren, an denen Landstände, also unmittelbare Lehnsnehmer der Herzöge, beteiligt waren. Das Oberhofgericht war ein besonderes Zeichen fürstlicher Macht. Es repräsentierte zudem das kaiserliche Privileg der Sächsischen Kurfürsten und Herzöge, die Rechtsprechung in ihren Herrschaftsbereichen ausschließlich und abschließend wahrzunehmen. Durch die Goldene Bulle und spätere kaiserliche und auch päpstliche Bestätigungen war den Sächsischen Herzögen das Recht der non appellando zugestanden, mit dem jedes Rechtsmittel an auswärtige Gerichte oder an Gerichte fremder Herrschaft, einschließlich kaiserlicher Gerichte, verboten wurden. Selbst an das ab 1495 bestehende Reichskammergericht durften sich die Untertanen der Sächsischen Herzöge nicht wenden.
Niederlage und Wiederauferstehung
Mit der Niederlage der Kurfürsten von Sachsen aus der Ernestinischen Linie der Wettiner im Krieg gegen den Kaiser Karl V. im Jahr 1547 verloren die Herzöge von Sachsen nicht nur große Teile ihrer bisherigen Herrschaftsgebiete. Sie mussten auch ihre Kurwürde abgeben, die dann an die Albertiner Linie mit dem Oberhaupt Moritz von Sachsen übertragen wurde. Von den Ernestinern wurde daraufhin die bisherige gemeinsame Trägerschaft des Oberhofgerichts aufgekündigt. Allerdings wurde durch diese Niederlage auch das alte Privileg der Justizhoheit prekär. Durch den Seitenwechsel, den der neue Kurfürst von Sachsen vollzog, indem er sich auf die Seite der Protestanten und gegen den Kaiser stellte, hatten die früheren und der neue Kurfürst nun aber gleichlautende Interessen. Gemeinsam gelang es ihnen im Jahr 1559, sich jeweils für ihre Herrschaft das Privileg des non appellando im Jahr 1559 durch den Kaiser bestätigen zu lassen.
Die Errichtung eines neuen Hofgerichts für die den Ernestinen verbliebenen Territorien erfolgte dann im Jahr 1566. Als Sitz des Gerichts wurde die Universitätsstadt Jena bestimmt. Vier der insgesamt acht Richter sollten gelehrte Juristen sein, zwei davon waren Professoren der Alma Mater Jenensis.
Eine gedruckte Gerichtsordnung als historisches Manifest
Die technischen Möglichkeiten der Zeit erlaubten es, die Hofgerichtsordnung, mit der das Verfahren geregelt wurde, als Druckausgabe öffentlich bekannt zu machen. Noch im Jahr 1566 wurde die Hofgerichtsordnung dazu in der Druckerei des Donat Ritzenhain in Jena in den Druck gegeben. Ritzenhain war Nachfolger von Christian Roedinger, dessen Wittwe er nach Roedingers Tod geheiratet hatte.
Roedinger selbst war 1553 aus Magdeburg nach Jena angeworben worden, um hier eine Druckerei aufzubauen. Diese sollte eine Gesamtausgabe der Werke Martin Luthers herstellen. Ihren Sitz fand die Druckerei im aufgelassenen Karmelitenkloster vor dem Neutor. Nicht auszuschließen, aber noch nicht nachgeprüft, ist, dass die Hofgerichtsordnung mit denselben Lettern gesetzt und gedruckt wurde, die auch für die Luther Werksausgabe Verwendung fanden.
In der Sammlung der Historischen Bibliothek befindet sich bis heute eine Originalausgabe dieses Druckes aus dem Jahr 1566. Die Ausgabe trägt Eigentümerstempel sowohl des Gemeinsamen Oberappellationsgerichts (errichtet 1817) als auch des Gemeinschaftlichen Thüringischen Oberlandesgerichts (errichtet 1877). Wann und wie es in den Bestand gelangte, ist gegenwärtig noch nicht geklärt. Gut möglich, dass es einst am Hofgericht im Einsatz war.
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