Ein Kommentarwerk des großen spätmittelalterlichen Juristen, gedruckt in Lyon im Jahr 1504
Er war für einige Jahrhunderte einer der großen Stars unter den gelehrten Juristen: Der in Perugia lehrende Rechtsgelehrte Bartolus de Saxoferrato (1313-1357).
Als er 1357 starb, hatte er ein umfangreiches Werk juristischer Kommentare zu den Spätrömischen Rechtssammlungen des corpus iuris civilis (ausgenommen die Institutionen). Noch waren diese Kommentare vor allem in der Form von Glossen, also Randbemerkungen, zu den antiken Texten ausgestaltet. Allerdings erreichen sie bei Saxoferrato eine solche inhaltliche Qualität, dass sie noch Jahrhunderte später, ja selbst noch für Friedrich von Savigny, für die Rechtsauslegung und das Rechtsverständnis der Quellen relevant sind.
Bartolus wurde für die Nachwelt zum Inbegriff des gelehrten Juristen. Wie heißt doch gleich der Jurist in Mozarts Oper „Le nozze de Figaro“? Genau, Dr. Bartolo.
Bei der Bedeutung, die der Jurist Bartolus de Saxoferrato für die Nachwelt erlangte, wundert es nicht, dass seine Bücher zu den Werken gehörten, die schon bald nach Erfindung des Buchdrucks in größerer Zahl gedruckt und verbreitet wurde. Schon in der Wiegendruckphase (1454 bis 1500) sind einzelne seiner Werke vervielfältigt worden. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts erscheinen sie dann in großer Zahl.
Lyon: Juristische Druckwerkstatt Europas
Eines der Zentren der juristischen Buchproduktion war zu dieser Zeit Lyon. Hier waren seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert mehrere Druckereien entstanden. Seit dem Ende des 15. Jahrhunderts wurde Lyon eines der Zentren für den Druck juristischer Fachbücher.
Eine der ansässigen Werkstätten gehörte dem Druckers Nikolaus de Benidictis. Er kam ursprünglich aus Italien und hatte sich 1496 in Lyon angesiedelt. In seiner Druckerei entstanden 1504 und 1505 auch die beiden hier in einem Band zusammengebundenen Ausgaben von Bartolus de Saxoferrata Digestenkommentar "Super prima parte digesti veteris" und "Super secunda parte digesto veteris". Das Druckerzeichen de Benidictis ist in beiden Bänden erhalten.
eine beeindruckend saubere und gut erhaltene Ausgabe
Das große Folioformat der Ausgabe ist beeindruckend und unterstreicht den Wert der Edition. Eingebunden ist die Ausgabe in einen mit Pergament überzogenen Holzdeckeleinband, an dem zwei Metallschließen angebracht sind.
Die Gestaltung der Textseiten orientiert sich noch stark an den traditionellen Manuskripten und imitiert deren Glossen (Randbemerkungen). Die Initialen in den Kolumnen sind teilweise koloriert.
Im inneren Sockel befindet sich eine Exlibris aus späterer Zeit. Sie identifiziert den Besitzer des Buches als J. N. Lorber, Hofjurist und Dichter aus Weimar (1645-1722).
Der gute Zustand dieser auch nach über 500 Jahren noch beeindruckend sauberen und gut erhaltenen Ausgabe verdankt sich nicht zuletzt der großzügigen Unterstützung durch Herrn Peter Sperl und dem Rotary Club Dreieich-Isenburg, mit deren Hilfe das Werk fachkundig restauriert werden konnte.
Abbildungen:
Bartolus de Saxoferrata: Super prima parte digesti veteris / Super secunda parte digesto veteris,
Lyon, Nicolaus de Benedictis, 1504 & 1505
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